Das schamanische Medizinrad
Hier ist das Medizinrad beschrieben, wie es im peruanischen Schamanismus, vermittelt und insbesondere über die Q'ero überliefert wurde.
Vier Säulen oder vier Ebenen, die doch wie ein Kreis immer wieder zueinander hinführen, so könnte man das Medizinrad in einem Wort beschreiben. Es geht hier um vier Seinsbereiche ebenso wie um vier Energien, die einander bedingen, aufeinander aufbauen, und doch ist keine schlechter oder besser als die andere, ebenso, wie es bei den vier Himmelsrichtungen ist.
Diesen Himmelsrichtungen sind sie zugeordnet, jede Himmelsrichtung kann als Bild dafür verstanden werden, was eine Richtung des Medizinrads bedeutet:
- im Süden, dort wo die Sonne voll scheint, ist das irdische Leben, die Inkarnation, alles "Weltliche" zu finden.
- Der Westen, die Seite des Sonnenuntergangs, steht für Sterben und Vergehen, doch ebenso auch den Mut, seine Ängste zu überwinden und sich allem zu stellen, was da kommen mag.
- Im Norden, die Seite, wo die Sonne nie scheint, ist die Seite des Jenseits, doch ebenso die Seite der Seele, des Seelenwillens, aber auch der Seelenherkunft und des Weges.
- Im Osten ist die Seite, dem Sonnenaufgang, ist die Seite der Göttlichkeit, der Anbindung an das Göttliche, ebenso der Neubeginn und die Kraft, diesen zu gestalten.
Die Medizin dieses Rades ist die Heilung, die man erfährt, wenn man es durchschreitet. Heilung als Ganzwerdung, als Versöhnung mit sich selbst, seiner Seele, seinem Dasein, seinem Weg. Sich, sein Leben und seine Bestimmung zu erkennen und anzunehmen und sich so zu lieben, wie man ist, ist mehr als alle weltliche Medizin vermag.
Süden - die Welt und das Leben
Diese Himmelsrichtung des Medizinrads wird aus spiritueller Sicht am meisten unterschätzt. Sie steht für unser tägliches Leben, unser Dasein in der Welt, jedoch auch für die Welt als Ganzes, ja, für unser ganzes Universum. Inwiefern unterschätzt? Viele religiöse Traditionen zielen darauf ab, die Welt zu überwinden (Christentum), aus dem Rad der Inkarnationen auszusteigen (östliche Religionen) oder sich einen guten Platz im Paradies zu verdienen (Islam). Der einzige Wert des irdischen Daseins scheint darin zu liegen, es wieder loszuwerden.
Doch damit verkennt man den wahren Wert des Südens. Er ist, aus Sicht der Andentraditionen, die Seite von Pachamama, wobei Pacha Raum und Zeit bedeutet, Mama, also die Mutter, ist diejenige, die Raum und Zeit, hervorbringt. Im Süden ist also alles zu finden, was unser weltliches Leben ausmacht. Pachamama ist nicht getrennt von uns, denn wir haben einen physischen Körper auch wir sind Teil von Pachamama.
Der Süden ist die Seite der Wirkung: er wird in allem, was hier erscheint, durch die anderen Himmelsrichtungen hervorgebracht. Das weltliche Sein ist lediglich die Folge dessen, was auf anderen Ebenen bewirkt wird: den Gedanken und Gefühlen (Westen), Bildern und Eindrücken (Norden) sowie Energien, Prägungen und Absicht (Osten). Das bedeutet: wir erschaffen jederzeit die Welt, in der wir leben.
Dies ist der große Wert des Südens: hier erleben wir das manifestierte materielle Ergebnis unserer Gedanken, Gefühle, Glaubenssätze, Prägungen und der Verflechtung mit allen Mitgeschöpfen. Gefällt uns unser Leben, unsere Welt so, wie sie ist? Oder sehen wir hier Verbesserungspotenzial? Das Geheimnis ist: alles, was uns im Äußeren stört, ist ebenso Spiegelbild unserer eigenen inneren Disposition wie das Schöne. Wollen wir im Weltlichen etwas verändern, ist Heilarbeit im Inneren die beste Voraussetzung dafür.
Das zweite Geheimnis: so, wie das, was wir hervorbringen, Ergebnis von Bewusstsein ist, ist auch alles andere, was in der Welt existiert, Ausdruck von Bewusstsein. Tiere, Pflanzen, aber auch Felsen, Quellen, Bäche, Wälder. Daraus folgt: die gesamte Schöpfung, unser gesamtes Universum ist belebt, lebendig und bewusst. Hieraus ergibt sich für uns die Aufgabe, mit aller Schöpfung als etwas Lebendigem umzugehen. Wir sind aus höherer Sicht hier, um uns unserer Aufgabe und Verantwortung als Erdenhüter bewusst zu werden. Dies ist die wahre Bedeutung des biblischen Auftrags, uns die Erde untertan zu machen: nicht als Ausbeuter, sondern als diejenigen, die ihre Verantwortung erkennen und übernehmen und so zu wahren Erdenhütern werden.
Das Krafttier des Südens im Medizinrad ist die Schlange. Sie hat mit dem ganzen Körper Kontakt zur Erde. Ebenso zeigt sie uns, dass wir unser bisheriges Leben, wenn es uns nicht gefällt, in einem Zug abstreifen können wie die Schlange, wenn sie sich häutet. So, wie sie ihre Haut abstreift, dürfen auch wir unsere alte Haut aus unliebsamen Gedanken, Gefühlen, Bildern und Prägungen abstreifen. Das beinhaltet auch die Geschichten, die wir um unsere Erlebnisse herum erzählen und sogar Traumata. Dies geschieht in der zentralen schamanischen Technik der Illumination, zu deutsch Erleuchtung: hier gibt es die Möglichkeit, das Dunkle, Schwere aus unserem Leben gehen zu lassen, damit unser inneres Licht wieder leuchtet und uns auf den Weg der Schönheit führt.
Westen - der Tod und die Überwindung
Hand aufs Herz: hast Du Angst vor dem Tod? Er ist vielleicht das größte Tabu in unserer Gesellschaft, der westlichen Zivilisation. Wenn vom Tod die Rede ist, wird es vielen unheimlich. In Cartoons ist er als Sensenmann, oft als Skelett dargestellt. Doch der Tod gehört zum Leben wie das Wachsein zum Schlaf. Beides benötigt einander, das eine existiert nur mit dem anderen zusammen, zumindest, solange wir hier in der Welt sind. Darum geht es in der Westrichtung des Medizinrads.
Sterben zu lernen ist auf einer bestimmten Ebene dasselbe wie loslassen zu lernen. Wie wollen wir jemals etwas Neues ins Leben kommen lassen, wenn dafür nicht etwas Altes Platz macht? Selbst bei neugeborenen Kindern ist dies so: sie lassen in den ersten Lebensmonaten und -jahren die Erinnerung an das alte, vorherige Leben los. Damit das Neue Platz hat. Nur so können wir jemals im Hier und Jetzt sein, wenn wir in der Lage sind, Altes loszulassen und so Neues hereinzlassen. Sterben zu lernen ist somit eine der edelsten Aufgaben eines Schamanen, und das möglichst bewusst.
Neuem in die Augen zu schauen, es furchtlos anzugehen, dazu bedarf es Mut. Die Ängste loszulassen, zu überwinden, ist somit eine besondere Aufgabe, die uns in der Westrichtung mitgegeben ist. Viel von der Gewalt und dem Hass in dieser Welt beruht auf Ängsten. Die Todesangst haben wir schon angesehen, ebenso jedoch die Angst, ungeliebt zu sein oder zu wenig zu bekommen. Es mangelt vielen also an Vertrauen. Wer im wahren Vertrauen lebt, der braucht nicht einmal Mut, um einen Schritt ins Unbekannte zu gehen. Vertrauen nicht jedoch in die Welt, von dieser haben wir in der Südrichtung bereits erfahren, dass dies lediglich ein Abbild des Bewusstseins ist. Sondern Vertrauen ins Bewusstsein, die Seele, die eigene Kraft.
Die Heilarbeit des Westens besteht darin, die Ängste möglichst nicht nur zu überwinden, sondern wahrhaft loszulassen und ins Vertrauen zu gehen. Das Vertrauen in sich selbst, die eigene Stärke, das eigene Göttliche. Zu vertrauen darauf, dass man es selbst schaffen kann, dass man keiner fremden Hilfe bedarf, da alles, was man benötigt, bereits in bestmöglicher Form in einem selbst vorhanden ist.
So ist die Besetzungsbefreiung eine der wichtigsten Aufgaben des Westens. Besetzungen, also die Anwesenheit fremder Energien, seien es Seelenanteile, Seelen, anhaftende Gedanken anderer, Flüche, Schwüre, jegliche Form von Beeinflussung loszulassen. Zu erkennen, dass man diese nicht braucht, wenn man in seiner eigenen Kraft lebt. Doch ebenso, dass es unnötig ist, andere energetisch durch Befehle, Flüche, jegliche zwingende Beeinflussung an sich zu binden oder sie seinem Willen zu unterwerfen. Wer in sich ruht, bedarf dies alles nicht und kann jeglichen Zwang, der doch nur die Folge von Ängsten ist, loslassen.
Die wahre Rüstung ist die Liebe. Liebe zu sich selbst, sich anzunehmen, so, wie man ist. Und alles um sich herum ebenso anzunehmen so, wie es ist, da man erkennt, dass man es selbst hervorgebracht hat, wie bei der Südrichtung bereits angesprochen. So wird man, bildlich gesehen, zu einem Krieger des Lichts statt der Dunkelheit, und die treibende Kraft ist die Liebe.
Der Archetyp des Westens ist der Jaguar: er hat keine Feinde. Er ist der Herr des Dschungels, der Herr über Leben und Tod. Er braucht nichts zu fürchten, er lebt in seiner Kraft. Er ist in seiner Umgebung so sicher, dass er lautlos seines Weges geht. Er spürt, wer zu gehen bereit ist. Noch niemand, kein Wesen, ist gegen seinen inneren Seelenwillen gestorben, und wenn der Jaguar zuschlägt, weiß er, dass das Wesen, das er tötet, für diesen Weg bereit war.
In der Andentradition ist der Jaguar im Medizinrad derjenige, der den Weg vom Diesseits ins Jenseits geleitet. Der frei ist von der Schwere der Erde, denn Schwere wären Hass und Ängste. Er ist so leicht, dass er sogar die - bildliche - Brücke des Regenbogens überschreiten kann, die als Verbindung von Diesseits und Jenseits gilt. Auf ihr muss man so leicht sein wie Licht, um nicht herabzufallen. So ist der Regenbogen die Verbindung der sichtbaren mit der unsichtbaren Welt. Kannst Du darauf vertrauen, dass dieses Licht Dich trägt?
Norden - die wahre Heldenreise
Einen wahrhaft eigenen Weg zu gehen, ein wahrhaft eigenes Leben zu leben, wer kann dies schon von sich behaupten? Da ist doch so viel, was einen davon abhält: die gesellschaftlichen Vorschriften, die Familie, die Notwendigkeiten. All das, was man meint, tun zu müssen und was einem doch Korsett ist, von dem man spürt, dass es einen in seiner Bewegungsfreiheit hemmt.
Wann ist man denn wirklich nur man selbst? Spielt keine Rolle, die gerade von einem erwartet wird oder die man selbst meint, erfüllen zu müssen? Als Chef/in oder Angestellte/r, als Mutter oder Vater, als Kind, in Freizeit, Hobby, Beruf, Leben: wann ist man authentisch man selbst statt nur in der Art zu funktionieren, wie man meint, oder wie andere meinen, dass man zu sein hätte? Wann geht man wirklich seinen eigenen Weg?
Den eigenen Weg zu gehen erfordert viel: das Bisherige loszulassen, die große Veränderung in seinem Leben zu wagen. Das abzulegen, was einen bisher davon abgehalten hat, man selbst zu sein. Die Bequemlichkeit des Gewohnten zu verlassen. Einen Weg zu gehen, der einem vielleicht kaum zu bewältigen erscheint, größer, als man selbst zu sein meint. Das ist die Nordrichtung im Medizinrad: Man hat die Vergangenheit losgelassen (Süden), man ist gestorben (Westen), nun gilt es, einen neuen Weg zu finden.
Dieser Aufbruch ist es, der einen ein eigenes Leben leben lässt, das nicht mehr das Produkt ist von irgendwelchen tatsächlichen oder vermeintlichen Anforderungen. Ein Weg, bei dem man "ja" zu sich sagen kann und fühlt: das bin ich. Das ist mein Weg, hier geht es darum, was ich wirklich will. Der wahre innere Wille: wer kann dem schon vertrauen, wer hat den Mut, loszulassen? Jesus sagte: lass die Toten ihre Toten begraben, folge mir nach. Höre auf, nur zu funktionieren, gehe Deinen eigenen Weg, das ist damit gemeint.
Ein eigener Weg bringt Herausforderungen mit sich. Hier werden einem Dinge geschehen, die man nicht voraussehen konnte. Wo man sich bewähren muss. Doch: wie steht es mit Deinem Vertrauen in Deine Seele? Vertraust Du Dir so sehr, dass Du bereit bist, Deinem Ruf zu folgen? Wenn alles Bewusstsein ist bzw. aus diesem hervorgeht, wenn Du Teil dieses Bewusstseins bist und die Welt sich Dir so gestaltet, wie Du innerlich bist: was soll Dir schon geschehen? Es kann Dir auf diesem Weg nur das widerfahren, was auch in Dir ist. So lernst Du Dich selbst besser kennen und verstehen, erkennst, wer Du wirklich bist.
Dies ist die wahre Heldenreise, um die es geht. Ein Jeder und eine Jede ist als Individuum in die Welt gekommen, unterschieden und verschieden von jedem anderen Menschen. Erkennst Du Dich selbst in Deiner Besonderheit, Deiner Verschiedenheit? Oder bist Du lieber ein ununterscheidbares Glied in der Menge? Du weißt, was Du bewunderst, wen Du anhimmelst. Von wem Du denkst: ja, so möchte ich auch einmal sein, das wagen, das können. Die goldene Regel hierbei ist: alles, was Du bewunderst, ist als Möglichkeit in Dir selbst vorhanden. Vertraue Deinen Fähigkeiten, Deine wahren Wünsche werden Dich leiten.
Hiebei alles von sich anzunehmen, die geliebten wie die ungeliebten Seiten, ist eine Kunst der Nordrichtung. Deswegen gehört hierher auch die Seelenrückholung. Bist Du bereit, auch die Teile von Dir, die Schmerzen und Leid erfahren haben, zurückzuholen als Deine eigenen? In den östlichen Religionen erzählt man sich, dass ein jeder, der alle Seelenanteile wieder zu sich genommen hat, vollständig erleuchtet ist. Auch in der Nordrichtung geht es somit um Licht und Erleuchtung. Die große heldenhafte Reise des Nordens kann man umso besser bestehen, je vollständiger man ist, denn dann schöpft man aus allen Potenzialen und Fähigkeiten, die man hat.
Der Archetyp des Nordens ist der Kolibri. Er ist derjenige, der diese Heldenreise immer wieder besteht. Es gibt unter ihnen Zugvögel, beispielsweise den Rubinkehlkolibri, die überqueren den über 1000 km breiten Golf von Mexiko. Ein winziges Vögelchen von gerade einmal drei Gramm Gewicht macht sich auf eine Reise von dreitausend Kilomentern, davon tausend ohne jede Rast- oder Futtermöglichkeit über Wasser. Wie kann man so etwas überhaupt schaffen? Dieser Kolibri fragt nicht danach, wie es geht, er zweifelt nicht: er macht es einfach. Und besteht.
Auch in seiner Nahrung kann er Vorbild sein: er wendet sich nur den Blüten zu, er trinkt nur den Nektar. Wie sieht es mit uns aus? Kannst auch Du das von Dir behaupten, nur den Nektar, das Ambrosia der Götter zu trinken? Gehe Deinen eigenen Weg, werde Du selbst, ruft der Kolibri Dir zu. Auch in seiner Ruhe ist der Kolibri Dir Vorbild: bei allem schnellen Flügelschlag scheint er doch in der Luft stillzustehen vor der Blüte. So darfst auch Du dazu finden, in aller Hektik und allem Getriebe des Alltags in Dir selbst zu ruhen, ein wahrer Pol der Ruhe zu sein.
Zu wissen wo man herkommt und wo man hingeht, das ist eine wichtige Voraussetzung, den eigenen Weg zu gehen. Dies ist wie ein Kompass, die Richtung auf der Seelenlandkarte. Die Vergangenheit, die Ahnen zu kennen und zu verstehen. Die Ahnen der Familie, doch auch diejenigen der Inkarnationen, der ganzen Leben, die man bereits gelebt hat. So findet man die Richtung auf seinem Weg, und kann diese dann weitergeben: den eigenen Kindern, doch ebenso auch den eigenen zukünftigen Inkarnationen.
Welchen Weg willst Du beschreiten: den des Rädchens im Getriebe oder den der Heldin und des Helden? Sei bereit und starte noch heute, sei wie der Kolibri, ist die Lehre des Nordens. Dann hast Du diese Himmelsrichtung des Medizinrads gemeistert.
Osten - Einssein mit dem Göttlichen
Folgt mir nach, hat er gesagt. Wer mir nachfolgt, wird den Tod nicht schmecken. Ein so großes Vorbild ist er, dieser Jesus. Scheinbar unerreichbar in dem, was er war und getan hat. So lehrt es oftmals immer noch die Kirche. Wir hier, er da, nie könnten wir sein wie er. Doch, das können wir. Das ist die Lehre des Ostrichtung des Medizinrads. Jesus sagte nie: ihr könnt das nicht, das kann nur ich. Er sagt: folgt mir nach. Sterben und dennoch weiterleben, Einssein mit dem himmlischen Göttlichen und Einssein im heiligen Geist, das ist auch unser Weg. Im Osten darfst auch Du ihn gehen lernen.
Für weltich orientierte Menschen ist es schwer zu verstehen, dieses Einssein mit dem Göttlichen. Zu erkennen, dass man aus dem Licht kommt, wieder ins Licht geht und niemals etwas anderes war als immer nur Licht. Zu sehen, dass die Finsternis nur die Abwesenheit von Licht ist und deswegen auch kein eigenes Sein hat: sein kann nur das Licht. Es ist wie in der Physik: Dunkelheit ist nur dort, wo kein Licht ist, jene hat keine Kraft, das Licht schon. Es ist die schöpferische Energie und das Seiende jenseits von Raum und Zeit.
Es ist eine unserer vornehmsten Aufgaben, uns emporzuschwingen ins Licht, ins Göttliche. Zu erkennen, dass die Trennung nur scheinbar ist: eine Hilfe, um die Individualität erleben und damit individuelle Erfahrungen machen zu können. Doch diese Erfahrungen werden nur dann etwas wert, wenn sie vom All-Einen, dem Alles-Was-Ist erfahren werden können. Denn er ist es, der uns hinausgesandt hat und gesagt: geht hinaus uns mehret euch, machet euch die Erde untertan. Doch niemals um unserer Selbst willen, und niemals gegen ihn. Denn der Spirit ist nicht nur in uns und wir in ihm, sondern in der gesamten Schöpfung und er in ihr. Es gibt nichts anderes als Spirit, als Gott, als Licht.
Es gibt dieses wunderbare Zen-Paradoxon: das Klatschen mit einer Hand. Doch wie geht das? Es ist ein Bild für die Einheit und das ewig Ungetrennte. Es ist ein Bild dafür, dass es in Wahrheit nichts gibt außer dem Licht, dem Göttlichen. Dass alles, was wir sind, in Wahrheit nur göttliches Licht ist, geschickt auf eine Mission, zu erkennen, wer wir wirklich sind, was wir vermögen. Doch ebenso, uns immer wieder daran zu erinnern, wer oder was wir wirklich sind: Licht vom wahren Licht.
Doch wozu das Ganze, was soll das überhaupt? Dieser Weg, diese scheinbare Trennung, welche Bedeutung hat das? Welche Bedeutung hat das für Dich, für einen jeden? Dies ist die Frage nach der Bestimmung, das, was Dich wirklich führen, lenken und leiten sollte in Deinem Leben. So ist ist man bestimmt von der Vergangenheit, den Geschichten, Sorgen, Ängsten, Erwartungen. Doch sollte die eigentliche Bestimmung aus der Zukunft kommen: von der- und demjenigen, zu dem und zu der wir werden.
Diese wahre Bestimmung zu finden, bedarf es zu erkennen, dass nicht nur der Raum, sondern auch die Zeit nur eine Hilfe, eine Art Illusion ist. Wahrhaft gibt es keine lineare Zeit. Alles ist, im besten Sinne, gleichzeitig. Alles ist. Gleichermaßen wird es und war, und dennoch ist alles jetzt. Die Schöpfung wie die Apokalypse. Und noch dazu alles in uns enthalten, sind wir doch selbst das göttliche Licht. Dies schier Unverstehbare zu verstehen, ist der Weg des Ostens im Medizinrad.
Der Archetyp des Ostens ist der Kondor, ebenso auch der Adler. Er, der sich scheinbar mühelos emporhebt und mit Leichigkeit in höchste Höhen fliegt. Der Sonne, dem Göttlichen entgegen, der Einheit so nahe und doch entgeht ihm und seinem scharfen Auge nichts, was unter ihm vorgeht. Er kann auch uns emporheben und mitten in die Sonne fliegen, ins wahre Licht, den Spirit, wo wir, bildlich gesprochen, mit Gott selbst an einem Tisch sitzen dürfen. Die wahre Einheit, das große Loslassen von allem irdischen Dasein, jede Anhaftung, jedes Müssen loslassen. Der große endgültige Tod, der doch das Leben selbst ist.
Und dennoch ist es nicht Selbstzweck, dieser Weg zur Einheit. Denn sollte sich das Erleben in der Einheit erschöpfen, wären wir niemals erschaffen worden. Doch sind wir gesandt, in unserer Bestimmung, uns zu bewähren im Leben, an dem Platz, an dem wir gerade stehen und gehen. Wir sollen und dürfen ihn bewusst gehen, nicht blind, sondern sehend. Sehend wie der Kondor, der aus der großen Höhe noch das Kleinste erkennt - und der dann, so auch wir, wieder zur Erde zurückkehrt um dort sein Leben zu leben. Erst dadurch erfüllen wir unser individuelles Sein mit Wert.
So schließt sich der Kreis des Medizinrads: denn die Bewährung im Täglichen und Alltäglichen führt uns vom Osten wieder zurück in den Süden, von dem aus
wir unseren Weg begonnen haben: Wir sind dieselben wie vorher, diejenigen, die wir immer schon waren, doch neu auf dem Weg: reifer, weiser, bewusster durch die
Reise durch das Rad. Und wer sich bewusst auf diese Reise begibt, wird verstehen: wir befinden uns immer und fortwährend in diesem Medizinrad, es ist ein
immerwährender Zyklus, ohne wirklichen Anfang und ohne Ende, denn alles war und alles ist und alles wird - wer möchte das unterscheiden?
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